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Schreiende Kubaner und Hexen

28.4 – 4.5.1992

Unser nächstes Ziel war Baracoa, die östlichste Stadt Kubas. Die Fahrt dorthin gestaltete sich zunächst unspektakulär, abgesehen von einer Polizeikontrolle. Die offene Flasche Rum auf dem Rücksitz sorgte für kurze Aufregung, aber nach Umlagerung in den Kofferraum durften wir weiterfahren. Von der in Foren oft erwähnten Korruption der Polizei spürten wir nichts.
Zwischendurch gibt es immer wieder Interessantes zu sehen, Fischer auf LKW-Schläuchen, Maler welche die Brücken renovieren und immer wieder Farmen und Bauern. Oder bizarre Tiertransporte.

Die Strecke führte uns auch an Guantanamo vorbei, allerdings bekamen wir den US-Stützpunkt nicht zu Gesicht. Inzwischen hatte sich die Flasche Rum im Kofferraum geöffnet und einen Teil ihres kostbaren Inhalts verteilt. Schwups zugeschraubt und wieder auf die Rückbank, wo wir mit dem Wasser, den Zigarren aus Vinales und der Schmutzwäsche sichern. Kurz vor Baracoa erlebten wir dann noch eine unerwartete Begegnung. 50 Kubaner blockierten die Straße und riefen wild gestikulierend. Da ein Vorbeifahren unmöglich war, hielten wir an und öffneten die Tür. Aufgeregt berichteten uns die Leute auf Spanisch, dass ein junger Bub ohnmächtig auf der Straße lag. Sie baten uns, sie ins Krankenhaus zu fahren. Natürlich halfen wir in dieser Situation und räumten die Rückbank frei. Mutter, Vater (der gerade vom Feld kam und dementsprechend dreckig war) und der Junge stiegen ein. Mit hupendem Auto und halsbrecherischer Geschwindigkeit rasten wir Richtung Baracoa, wo wir das Krankenhaus vermuteten. Verständigung war schwierig, da unser Spanisch mangelhaft und ihr Englisch nicht existent war. Der Junge erlitt immer wieder Anfälle, was die Situation zusätzlich anspannte.

Nach einigen Kilometern erreichten wir endlich das Krankenhaus. Der Junge wurde aufgenommen und die Familie bedankte sich herzlich bei uns für unsere Hilfe. Dieses Abenteuer trug dazu bei, dass unsere Reise nach Baracoa unvergesslich wurde.

Nach einigem Herumirren erreichten wir unser Hotel El Castillo, ein ehemaliges Fort auf einem Hügel über der Stadt. Das Hotel war sauber und bot einen genialen Ausblick. Leider war es aufgrund des regnerischen Wetters etwas nebelig und dunstig.

Unser erstes Ziel in Baracoa war die Casa del Chocolate, die für ihre hervorragende Schokolade bekannt sein soll. Enttäuschenderweise war der Laden noch geschlossen, sodass wir uns die Zeit nahmen, die Stadt zu erkunden. Baracoa gefiel uns deutlich besser als der erste Eindruck bei der Ankunft.

Nachdem die Casa del Chocolate geöffnet hatte, bestellten wir uns eine heiße Schokolade. Enttäuschend war nicht nur das unfreundliche Personal, sondern auch der Geschmack der Schokolade, die nicht den Erwartungen entsprach.

Unser nächstes Ziel war das Hotel Rusa am Malecón, das angeblich von einer Russin namens Anastasia gegründet wurde. Berühmt ist es für seine Gastfreundschaft und frische Meeresfrüchte. Prominente Gäste wie Errol Flynn, Alain Delon, Fidel Castro und Che Guevara sollen hier schon logiert haben.

Während wir auf der Terrasse ein Bier tranken, wurden wir von einem betrunkenen Mann angesprochen. Er überredete uns, seine Schwester zu besuchen, die ein Paladar (privates Restaurant) betreibt und uns die berühmten Polymita-Schnecken zeigen sollte. Abenteuerlustig wie wir waren, willigten wir ein und bestellten gleich unser Abendessen für den Abend.
Am Pool des Hotels genossen wir Mojitos und trafen zufällig Hubert und Eva wieder, zwei Holländer, die wir bereits in Santa Domingo und Santiago kurz kennengelernt hatten. Diesmal kamen wir endlich ins Gespräch und plauderten angeregt auf Englisch.

Am Abend besuchten wir das Paladar, ein privates Restaurant in der Wohnung einer Dame. Mitten in ihrem Wohnzimmer servierte sie uns ein ausgezeichnetes Abendessen. Stolz präsentierte sie uns ihre Wohnung, die mit kubanischem Kitsch dekoriert war. Sogar mit Lockenwicklern im Haar ließ sie sich von uns fotografieren. Ihr Bruder kam auch noch kurz vorbei. Die versprochenen Polymita-Schnecken waren allerdings nur leere Häuschen, die sie zu einem günstigen Preis verkaufen wollte. Da wir aber kein Interesse hatten, lehnten wir dankend ab.

Den Abend ließen wir im Casa de la Trova ausklingen, einem Musikhaus mit angenehmer Live-Musik. Schick gekleidete Jugendliche flanierten auf der Straße auf und ab und sorgten für eine lebhafte Atmosphäre. Der Wirt des Hauses hatte einen witzigen Blick für Promi-Doubles: Brigitte sah seiner Meinung nach aus wie Penelope Cruz, ich wie John Travolta (wahrscheinlich wegen meines Bauches :-)) und er selbst wie Patrick Swayze.

In der Nacht regnete es leider, was uns am nächsten Tag eine schlechte Sicht bescherte. Die 260 Kilometer bis Holguin waren anstrengend, da die Straßen teilweise aus Sandpisten bestanden und nass sehr schwierig zu befahren waren. Unser geplantes Hotel in Holguin war geschlossen, was wir aber schon von den Holländern wussten. So verabredeten wir uns mit ihnen in einem anderen Hotel in der Nähe. Dort bekamen wir tatsächlich ein Zimmer, aber das Hotel war insgesamt eher mau.

Nach einem guten Abendessen trafen wir uns erneut mit Hubert und Eva und plauderten nett, bevor es ins Bett ging. Am nächsten Tag verabschiedeten wir uns von ihnen, da sie die Insel Cayo Coco besuchen wollten. Wir hingegen entschieden uns für die unbekanntere Insel Las Brujas. Unser Zwischenziel war Nuevitas, wo wir leider kein Zimmer bekamen. So blieb uns nichts anderes übrig, als nach Camagüey weiterzufahren, obwohl wir die Stadt eigentlich aufgrund der Parkplatzprobleme vermeiden wollten.

Unterwegs machten wir an einem kleinen Café an der Straße Pause. Zum ersten Mal zahlten wir einheimische Preise. Da wir nur 50 Cent-Münzen dabei hatten, bedankte sich der Wirt überschwänglich, als wir ihm diese für zwei Cafés gaben, sogar das war mehr als er verlangt hatte. Draußen versuchte ein Mann, die Windschutzscheibe mit einem trockenen Tuch zu putzen. Obwohl das natürlich nichts brachte, hatten wir Mitleid mit ihm und gaben ihm 1 CUC und einen Kuli. Er freute sich riesig und wir machten als Dankeschön noch ein paar Fotos mit ihm.

Camagüey pulsiert vor Leben. Musik dringt aus allen Ecken, und die freundlichen Einwohner laden zum Verweilen ein. Museen, Theater, Galerien und eine Vielzahl von Restaurants bieten vielfältige Unterhaltungsmöglichkeiten. Kulinarisch genießen wir erneut die Peso-Pizza, die mit ihrem Durchmesser von 15 cm zwar klein, aber für 50 Cent unschlagbar lecker ist. Das koloniale Flair des Hotels rundet unseren Aufenthalt in Camagüey ab.

Unser nächster Zwischenstopp in Morón hingegen enttäuscht uns. Weder die Stadt selbst, noch das Hotel können uns überzeugen. Erst nach mehreren Anläufen finden wir ein halbwegs akzeptables Zimmer. Mehr gibt es über Morón leider nicht zu berichten.

Las Brujas: Paradiesisches Eiland der Hexen

Endlich erreichen wir Las Brujas, auch Cayo Las Brujas genannt. Die Insel liegt vor der Küste der Provinz Ciego de Ávila und ist durch einen 48 Kilometer langen Steindamm mit Kuba verbunden. Auf der Fahrt passieren wir den Ort Caibarien und bewundern die weiten Mangrovenkanäle. Vor der Weiterreise decken wir uns mit frischem Obst und Zuckerrohrsaft ein, da die Frühstücksbuffets in den Hotels oft eintönig und toastlastig sind.

Las Brujas, was „Die Hexen“ bedeutet, birgt eine faszinierende Legende. Der Überlieferung nach versammelten sich hier einst Hexen am Strand, um zu tanzen und Rituale abzuhalten. Im Hotel „Villa Las Brujas“ beziehen wir ein traumhaftes Zimmer direkt am Meer. Ein kilometerlanger, weißer Sandstrand und smaragdgrüne Kolibris, die in den Büschen vor den Zimmern schwirren, prägen das Bild. In den Mangroven entdecken wir eine Vielzahl interessanter Tiere. Las Brujas bietet den perfekten Ort zur Erholung, bevor wir die letzte Etappe unserer Rundreise nach Varadero antreten. Whirlpools, Strandliegen und ein gutes Restaurant runden das Angebot des Hotels ab. Ein Gratis-Frühstück krönt unseren Aufenthalt.
Die Relax-Tage benötigen wir nach der anstrengenden Rundreise, bevor wir die unsere letzte Etappe – nach Varadero antreten, seit Baracoa hatten wir doch einige Tage mit vielen Kilometern im Auto.



Links
Hotel El Castillo
Casa del Chocolate
Polymita-Schnecken
Casa de la Trova
Camagüey
Morón
Cayo las Brujas
https://www.gaviotahotels.com/de/hotels-kuba/cayos-villa-clara/villa-las-brujas

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